Was wir vorhaben:
Wir fordern den Deutschen Bundestag in einer öffentlichen Petition auf, ein gesetzliches Mindestalter von 16 Jahren für die Nutzung von Social Media-Plattformen einzuführen und die Plattformen zur datenschutzkonformen Altersüberprüfung zu verpflichten.
Wir fordern den Deutschen Bundestag ferner auf, eine unabhängige wissenschaftliche Expertenkommission einzusetzen. Diese soll die Auswirkungen digitaler Medien auf Gesundheit, Bildung und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen untersuchen und darauf basierend eine ganzheitliche Strategie erarbeiten, die Schutz, Medienkompetenz und unbeschwerte Teilhabe berücksichtigt.
Damit wir unser Anliegen in einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses vorbringen dürfen, benötigen wir ein Quorum von 30.000 Unterschriften innerhalb von 6 Wochen ab Einreichung. Es ist zu erwarten, dass das Thema nach einem Regierungswechsel Fahrt aufnehmen wird. Mehrere CDU Kultusminister zeigen sich offen für ein gesetzliches Mindestalter (1) . Wir wollen mit unserer Petition eine gesellschaftliche Diskussion anstoßen und aufzeigen, dass eine breite Gruppe der Gesellschaft hinter einem Mindestalter steht. Dies zeigten zuletzt mehrere Umfragen:
• YouGov-Umfrage (November 2024): Eine Umfrage (2) des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab, dass 77 Prozent der befragten wahlberechtigten Personen ab 18 Jahren ein Verbot von Social Media für Kinder unter 16 Jahren befürworten.
• Schulportal-Umfrage (November 2024): Eine Online-Umfrage (3) des Deutschen Schulportals mit über 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zeigte, dass 87 Prozent ein Social-Media-Verbot für Kinder unter 16 Jahren unterstützen.
• Appinio-Umfrage ( Januar 2025): Eine von Appinio durchgeführte Umfrage (4) mit 1000 Bürger:innen ergab, dass in der Altersgruppe der 16-24-Jährigen 46% für ein gesetzliches Mindestalter von 16 Jahren sind.
(1) Umfrage des Tagesspiegels: Viele Minister wollen Altersgrenze für Nutzung sozialer Netzwerke
(2) Spiegel: Mehrheit befürwortet Social-Media-Verbot für Kinder wie in Australien
(3) Schulportal-Umfrage: Große Mehrheit ist für ein Social-Media-Verbot unter 16 Jahren
(4) https://research.appinio.com/#/de/survey/public/eEWF0ZeBS
Warum unsere Petition wichtig und notwendig ist:
95 % der Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren nutzen Social Media (5),– obwohl viele Plattformen ein Mindestalter von 13 oder 16 Jahren in ihren Nutzungsbedingungen festlegen. Doch das Alter wird nicht überprüft. Auch die nach Art 8. DSGVO vorgeschriebene Zustimmung der Eltern wird nicht eingeholt. So sind sogar Grundschulkinder auf Plattformen unterwegs, die für Erwachsene gedacht sind. Das ist ein ernstes Problem, dessen Folgen sich immer deutlicher abzeichnen. Die Nutzung von Social Media kann die körperliche und seelische Gesundheit, die soziale Entwicklung und die persönliche Integrität von Kindern und Jugendlichen gefährden.
Zu den größten Risiken zählen (6) :
1. Dark Patterns und suchterzeugende Designs:
Kommerzielle Social Media-Plattformen nutzen bewusst manipulative Gestaltungsmuster, um die Nutzungsdauer zu maximieren. Diese Mechanismen (sog. Dark Patterns) fördern Suchtverhalten und verhindern eine objektiv selbstbestimmte Nutzung. Laut aktueller Untersuchung (7) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und der DAK Gesundheit nutzt bereits ein Viertel der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland soziale Medien riskant, ist also mediensuchtgefährdet. Exzessive Nutzungszeiten von Social Media gehen automatisch zu Lasten von wichtigen Entwicklungsaufgaben in der Kindheit sowie zu Lasten von Schlaf und Bewegung.
Beides wirkt sich negativ auf die kindliche Entwicklung aus. Folgen sind Entwicklungsverzögerungen, Konzentrationsstörungen, Bewegungsmangel, Schlafmangel, Depressionen, Einsamkeit.
2. Psychische Belastungen und unrealistische Schönheitsideale:
Empfehlungsalgorithmen fördern häufig Inhalte, die unrealistische Körperbilder und Lifestyles propagieren und bei Kindern und Jugendlichen zu einem ständigen Aufwärtsvergleich und einem negativen Selbstbild und Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und Leben führen. Dies kann u.a. zu Depressionen und Essstörungen führen.
3. Glücksspielähnliche Elemente:
Funktionen wie „Likes“, „Streaks“ oder Gewinnspiele sind gezielt darauf ausgelegt, Belohnungssysteme im Gehirn anzusprechen und Nutzer zu mehr Interaktion, also zu längeren Nutzungszeiten, zu bewegen.
4. Cybermobbing und Cybergrooming:
Social Media Plattformen sind häufig Schauplätze von Cybermobbing, bei dem Kinder und Jugendliche gezielt angegriffen und ausgegrenzt werden. Laut Studie (8) des Bündnisses gegen Cybermobbing sind insbesondere Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren betroffen. Ein Drittel der Opfer gab an, sich dauerhaft belastet zu fühlen. Ein Viertel hatte Suizidgedanken. Zudem bietet die Anonymität des Internets erwachsenen Tätern Raum, Kinder und Jugendliche über Social Media zu kontaktieren, sie sexuell zu belästigen, sie zu manipulieren und auszunutzen oder gezielt Kontakt zu ihnen aufzubauen zu sexuellen Zwecken.
5. Jugendgefährdende Inhalte und Kontakte:
Social Media Plattformen sind nicht willens oder in der Lage, schwer jugendgefährdende problematische Inhalte wie extreme Gewalt, Kriegsverherrlichung, Selbstverletzungsanleitungen, pornografisches Material, extremistische Propaganda ,Hass und Hetze zuverlässig zu filtern. Die schiere Menge an nutzergenerierten Inhalten und die Geschwindigkeit, mit der diese veröffentlicht werden, machen auch eine Kontrolle durch die Bundeszentrale für Jugendmedienschutz schlicht unmöglich. Der herkömmliche Jugendmedienschutz, der auf FSK-Freigaben und Indizierung setzt, versagt im Internet.
6. Unzureichender Schutz durch Selbstverantwortung:
Medienkompetenzförderung ist richtig und wichtig. Aber das Ziel, Kinder zum Selbstschutz zu befähigen, darf nicht dazu führen, Kindern und Jugendlichen die alleinige Verantwortung für ihren Schutz aufzubürden – obwohl ihr Gehirn noch nicht ausgereift ist, sie impulsiv handeln und ihre Neugier sie Risiken eingehen lässt. Hinzu kommt, dass intransparente Empfehlungsalgorithmen entscheiden, was Kinder und Jugendliche zu sehen bekommen, und sie dadurch ihrer Selbstbestimmung beraubt werden. Daher bedarf es wie bei Alkohol, Tabak und Glücksspiel neben der Aufklärung und Kompetenzvermittlung auch zwingend des Schutzes durch eine Zugangsverhinderung.
Ein gesetzliches Mindestalter ist ein bewährtes und effizientes Instrument des Jugendschutzes. Es besteht z.B. für Alkohol, Tabak, Glücksspiel, aber auch Filme mit FSK 16/18 oder bestimmte Ort wie Nachtclubs. Es ermöglicht, Kinder und Jugendliche effektiv vor den Gefahren von Social Media zu schützen, ohne ihr Recht auf digitale Teilhabe zu verletzen. Denn digitale Teilhabe ist auch außerhalb von Social Media möglich, beispielsweise über kindgerechte Plattformen, Bildungsangebote. Natürlich ist klar, dass ein Mindestalter für Social Media allein nicht ausreicht, um Kinder und Jugendliche im Internet zu schützen. Aber je mehr Länder sich Australiens Vorbild anschließen, desto größer wird der Druck für die Plattformen, etwas an ihrem derzeitigen Geschäftsmodell zu ändern und echte Veränderungen auf den Weg zu bringen.
Warum ein Mindestalter?
Notwendigkeit einer Expertenkommission:
Aber nicht nur die Nutzung von Social Media ist problematisch für Kinder und Jugendliche. Die immer frühere und intensivere Nutzung von digitalen Bildschirmmedien insgesamt – etwa von Online-Spielen oder Streaming-Plattformen – birgt ebenfalls viele gravierende Risiken. Auch hier ist der Staat in der Pflicht, Kinder und Jugendliche effektiv und präventiv zu schützen. Deshalb fordern wir neben der Einführung eines gesetzlichen Mindestalters für Social Media auch die Einsetzung einer unabhängigen wissenschaftlichen Expertenkommission, die unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse die Auswirkungen digitaler Medien auf Gesundheit, Bildung und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen untersucht und darauf basierend eine ganzheitliche Strategie erarbeitet, die Schutz, Medienkompetenz und altersgerechte unbeschwerte Teilhabe vereint.
Frankreich (9) und Spanien (10) haben solche Expertenkommissionen bereits mit der Untersuchung beauftragt. Auch Deutschland muss sich dieses drängenden Problems endlich annehmen und die Schwächsten der Gesellschaft präventiv schützen.
Fazit
Das Schutzrecht von Kindern und Jugendlichen muss Vorrang vor kommerziellen Interessen der Plattformen und einer uneingeschränkten Nutzung haben. Wo Medien Selbstbestimmung durch intransparente Datensammlung oder manipulative Steuerung verhindern, kann auch Kompetenzförderung keinen objektiv selbstbestimmten Umgang ermöglichen – daher ist ein Mindestalter unerlässlich.
Wir fordern den Deutschen Bundestag auf, seiner Schutzpflicht nachzukommen und entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen.
(5) BitKom Studie , Kim Studie und Jim Studie
(6) siehe Gefährdungsatlas der Bundeszentrale für jugendgefährdende Medien
(8) siehe Studie Bündnis gegen Cybermobbing
(9) Vorlage des Berichts der Expertenkommission zu den Auswirkungen der Bildschirmnutzung junger Menschen. Veröffentlicht am 30. April 2024 sowie deutscher Bericht darüber
(10) Deutschsprachiger Bericht https://www.theolivepress.es/spain-news/2024/12/04/spanien-soll-%2010%20warnhinweise-auf-smartphones-anbringen-und-die-nutzung-fur-kinder-verbieten-neuer-bericht-%20warnt-vor-ernstem-gesundheitsproblem/